Der Turnusdienst als Lokführer hatte den Vorteil, relativ oft über freie Zeit verfügen zu können, wenn andere arbeiten mussten. Ein beachtlicher Vorteil gegenüber jenen, die von Montag bis Freitag an der Werkbank stehen oder am Schreibtisch sitzen. Wer etwas in der Öffentlichkeit bewegen will, muss Behörden, Ämter, Institutionen zu Zeiten kontaktieren, wo diese geöffnet sind. Diesen Vorteil hatte ich als Lokführer. So habe ich mich in der zweiten Hälfte der Sechziger wieder verstärkt der Politik zugewandt. Die „Schnapsideen“, welche ich in einsamen Nachtdiensten als Lokführer mir ausgedacht hatte, konnte ich so an freien Tagen auch leichter in die Tat umsetzen.
In den Anfangsjahren braucht man viel Zeit und Hirnschmalz für Einschulungen, Prüfungen und Erwerb der Praxis. Relativ bald bekommt man die nötige Routine, muss zwar weiterhin konzentriert und aufmerksam an Stufenschalter und Zugbremse die Hand anlegen und jederzeit gewärtig sein, dass plötzlich was völlig unerwartetes auftaucht, das blitzschnell die richtige Reaktion durch den Lokführer erfordert.
Doch der anfänglich damit verbundene Stress wandelt sich allmählich in gekonnte und beherrschte Routine. Um Routine nicht zu Langeweile werden zu lassen, habe ich mich gedanklich auch mit anderen Dingen beschäftigt. Politik zum Beispiel oder Weiterbildung.
Nachteil des Turnusdienstes war, auch an Sonn- und Feiertagen, egal ob Weihnachten oder ähnliche Familienfeste, Dienst „zu schieben“.
Meine Kinder haben Jahre hindurch ihren Vater am Heiligen Abend nicht beim Christbaum gesehen. Sie wussten, dass ihr Vater bei Schnee und Eiseskälte einen schweren Güterzug über den Arlberg lotst.