Johann Dietrich,
vom NSDAP-Propagandaleiter in Rankweil zum Kreisleiter in Bregenz und Gauamtsleiter in Innsbruck

Der Rankweiler Johann Dietrich [1], war trotz seiner Jugend, vermutlich als Kriegsfreiwilliger, im Ersten Weltkrieg als Soldat im Einsatz. Er selbst bezeichnete sich später gerne als „alter Frontkämpfer“. Von Anderen wurde das herzlich-kameradschaftliche Wesen des „Frontschweins“ im Weltkrieg gelobt [2].

Johann Dietrich empfand,  ähnlich wie Hitler,  die Niederlage im Ersten Weltkrieg als große Schmach, die es wieder gut zu machen gelte. Sehr früh vertrat er nationalsozialistische Ideen. Im Jahr 1929 wurde er Mitglied der österreichischen NSDAP. In der Rankweiler NS-Ortsgruppenleitung war er Propagandaleiter und auch in der SA [3] aktiv.  Beruflich war er Invalidensekretär in Dornbirn [4].

Am 19. Juni. 1934 [5]  flüchtete Dietrich über die Schweiz nach Deutschland [6] und schloss sich dort der Österreichischen Legion [7] an. Vor seiner Flucht versteckte er seine SA-Uniform im Stall seiner Ziehmutter Maria Dietrich in Rankweil Hnr. 90, wo diese erst 2½ Jahre später entdeckt wurde.

In der Österreichischen Legion avancierte Dietrich zum Sturmbannführer des Nationalsozialistischen Kraftfahrkorps (NSKK), dies entsprach dem militärischen Rang eines Majors [8]. Dem Selbstverständnis der Österreichischen Legion entsprach es, sich auf kommende Aufgaben (und Ämter) nach dem Anschluss Österreichs vorzubereiten.

Dem Einmarsch der Nationalsozialisten in Österreich im März 1938 folgten zahlreiche in der Verbotszeit nach Deutschland geflüchtete Parteimitglieder. In der Erwartung hier wichtige Posten und Ämter zu übernehmen. So auch Johann Dietrich.

In Rankweil trat Johann Dietrich unverzüglich als „Gesellschafter“ (Berater) des neuen Bürgermeisters Dr. Franz Schöch in dessen Büro auf. Als Schöch bereits nach knapp zwei Monaten als Bürgermeister zurück trat, wurde allgemein erwartet, dass Hans Dietrich als Bürgermeister nachfolge. Er verzichtete jedoch, da er glaubte, demnächst auf eine Stelle in der Gauleitung berufen zu werden. [9]    Sein Bestreben, in die Gauleitung für Tirol-Vorarlberg berufen zu werden, ging bald in Erfüllung. Er wurde zum Gauamtsleiter für Kriegsopfer bestellt.. Bei einer Großveranstaltung am 1. Oktober 1938 in Rankweil wurde Dietrich als Gauamtsleiter aus Innsbruck als Redner mit kräftigem Applaus begrüsst.

Das von der NSDAP konfiszierte Vereinsheim und Kino des Katholischen Jünglingsvereins Rankweil, welches kurzfristig von der HJ genutzt wurde, nutzte Dietrich als seinen Wohnsitz. Im Februar 1941 wurde Hans Dietrich (grundbücherlicher) Besitzer von Kino und Vereinshaus in Rankweil [10]. Noch 1944 ist er als dessen Besitzer erwähnt  [11].

Gauleiter Franz Hofer hatte nach seiner Rückkehr an die Macht im Mai 1938, die Gruppe der sogenannten Emigranten an die Spitze von Verwaltung und Partei befördert. Hans Dietrich wurde dort zu einem der Gauamtsleiter [13] .

Hofer befand sich im Clinch mit dem Dornbirner Toni Plankensteiner [14], welcher sich am Tag des Anschlusses selbst zum Vorarlberger Landeshauptmann ernannt hatte und Gauleiter eines eigenständigen Gaues Vorarlberg sein wollte. Hofer setzte sich in dieser Auseinandersetzung durch. Vorarlberg wurde in den Gau Tirol-Vorarlberg integriert. Plankensteiner musste sich mit der Kreisleitung Dornbirn begnügen [15] und Hofer bildete die politischen Kreise Bregenz und Bludenz. Der Verwaltungsbezirk Feldkirch wurde vom Kreis Dornbirn betreut.

Als Gegengewicht zu Plankensteiner ernannte Gauleiters Hofer enge Vertraute zu Kreisleitern[16], so wurde Johann (Hanns [17]) 1940 Dietrich Kreisleiter für Bregenz.

Er scheint diese Funktion in den Jahre 1940 – 1942 mit großer Intensität ausgeübt zu haben, wie zahlreiche Berichte über die Tätigkeit von Hans Dietrich als Kreisleiter von Bregenz im Vorarlberger Tagblatt bezeugen.

Das nationalsozialistische Vorarlberger Tagblatt hat über den Kreisleiter Hanns Dietrich natürlich nur Positives berichtet und aufgezeigt wie der Kreisleiter keine Gelegenheit ausgelassen hat, im nationalsozialistischen Sinne zu handeln und präsent zu sein..

In der bisherigen Literatur zur NS Zeit kommt Dietrich jeweils nur als Amtsträger vor, kaum einmal als Handelnder: Aber natürlich hat er alle Schweinereien, die im Kreis Bregenz passiert sind mitgetragen oder angeordnet. [18]

Im September 1948 stand Hans Dietrich vor dem Volksgericht Innsbruck. Er wurde, weil er Kreisleiter und Mitglied der Gauleitung war, nach § 1 Abs. 6 KVG. angeklagt. Er wurde zu elf Jahren Kerker verurteilt [19].

Die Haftzeit der nach § 1 Abs. 6 KVG [20] verurteilten Kreisleiter wurde angesichts der drakonischen Mindeststrafe von zehn Jahren in der Regel im Gnadenwege weit verkürzt. Anfang 1950 wurden alle begnadigt und entlassen [21].

Hans Dietrich verstarb am 24. Februar 1983 in Rum bei Innsbruck [22].

Johann Dietrich ist der officielle Name, regional häufig Hans genannt, in nationalsozialistichen Dokumenten meist Hanns vewendet.


zurück zur Übersicht


[1] Johann Dietrich ist, als Sohn von Johann Dietrich und Christina Regina Hilbe, am 21. Jänner 1899 in Rankweil 247 geboren. Johann heiratete Emilie Jenny am 5. April 1923 (geb. 1899,   gest. 1982) und unbekannten Datums Gertraud Windisch aus Innsbruck. Gestorben ist Johann Dietrich am 24. Februar 1983 in Rum – Tirol; Pfarrbuch Rankweil; Vorarlberger Tagblatt 22. 1. 1941, www.matriken-vorarlberg.at/rankweil/
[2] Gauleiter Hofer bei einer Rede am Trachten- und Brauchtumstag in Bezau am 19. Oktober 1940 (Vorarlberger Tagblatt 20. 10. 1940)
[3] Sturm-Abteilung; paramilitärische Kampforganisation der NSDAP
[4] Schreiben Gendarmeriepostenkommando Rankweil vom 14. Juni 1933
[5] auf den Tag genau ein Jahr zuvor wurde die NSDAP in Österreich verboten
[6] Schreiben Gendarmeriepostenkommando Rankweil vom 2. Jänner 1936
[7] Die Österreichische Legion war eine ab 1933 aufgestellte paramilitärische Einheit der SA, die sich aus ins Deutsche Reich geflüchteten österreichischen Nationalsozialisten rekrutierte. http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96sterreichische_Legion
[8] „Pfarrer ufm Berg“, Reihe Rankweil,
[9] ebenda
[10] Heute Altes Kino Rankweil
[11] Vorarlberger Tagblatt 8. 1. 1944
[12] Amt für Kriegsopfer
[13] Amt für Kriegsopfer
[14] Am 3.Juni 1948 wurde Plankensteiner vom Volksgerichtshof in Innsbruck als Kriegsverbrecher zu elf Jahren verschärftem Kerker verurteilt. Das Gericht verzichtete auf die mögliche Höchststrafe (Todesstrafe), weil der Verurteilte als „blindgläubiger Idealist und als Mensch als vollwertiger Charakter zu werten“ sei. Allerdings erfolgte bereits am 3.Juni 1948, also am Tag der Urteilsverkündung, die Begnadigung, zur endgültigen Freilassung kam es aber erst im Jahre 1950.
[15] Zum 1. März 1942 ließ sich Plankensteiner als Kreisleiter nach Neustadt an der Weinstraße in der Westmark versetzen. Bei Kriegsende kehrte wieder nach Dornbirn zurück und wurde Mitarbeiter bei der Dornbirner Messe.
[16] Der Kreisleiter der NSDAP stand an der Spitze einer eigenen Dienststelle („Kreisleitung“) mit einem Stab von Mitarbeitern. Er erhielt seine Befehle vom Gauleiter und bekleidete somit – von der geographischen Verwaltung aus gesehen – den vierthöchsten Posten in der NSDAP nach dem Gauleiter, dem Stellvertreter und dem Führer.
[17] Oft verwendet; „Hanns“ sollte wohl stramm-deutscher klingen.  
[18] Historiker Meinrad Pichler
[19] Urteil am 28.9.1948 TLA, LG Innsbruck, Vr 2831/47; Jahrbuch der Juristischen Zeitgeschichte Band 8 2006/2007
[20] § 1 Abs. 6 KVG: Kriegsverbrecher im Sinne der Abs. (1) und (2) sind auch diejenigen Personen, die während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Österreich, wenn auch nur zeitweise, als Mitglieder der Reichsregierung, Hoheitsträger der NSDAP vom Kreisleiter oder Gleichgestellten aufwärts, Reichsstatthalter, Reichsverteidigungskommissare oder Führer der SS einschließlich der Waffen-SS vom Standartenführer aufwärts, tätig waren. Sie sind als Urheber und Rädelsführer dieses Verbrechens mit dem Tode zu bestrafen.“
[21] Jahrbuch der Juristischen Zeitgeschichte Band 8 2006/2007 Seite 46
[22] ebenhoch.bplaced.net/matrikel/index.php