Noch am 12. März 1938, dem Tag des Einmarsches der Hitlertruppen in Österreich, wurde der christlich-soziale Bürgermeister Severin Reich aus dem Rathaus „verjagt“. Die neue Vorarlberger Landesregierung ∗1 ernannte den Tierarzt Dr. Franz Schöch interimistisch zum Bürgermeister von Rankweil. Er galt als „alter Kämpfer“ ∗2. Schon 1934 schrieb der (vaterländische) Volksbote: ∗3 „Seitens der Behörde wurde unseren besseren Nationalsozialisten empfindlich zugesetzt. So musste der Landtierarzt Dr. Schöch etliche Schillinge zahlen. Ebenso wurde… “
Auch wenn Franz Schöch nur kurze Zeit die Funktion des Bürgermeisters innehatte, ist über ihn kaum etwas im Gemeindearchiven zu finden. Auch in der offiziellen Bürgermeistergalerie im Rathaus fehlt sein Bild.
Konflikt um den 1. Mai
Bürgermeister Franz Schöch hatte sich Mitte April mit Pfarrer Strasser getroffen, um das politische Programm der Gemeinde und die kirchlichen Aktivitäten für den 1. Mai zeitlich auf einander abzustimmen.
Die Staatsfeier mit der erstmaligen Aufrichtung eines Maibaumes sollte eine halbe Stunde vorverlegt, die Wallfahrtsfeier eine halbe Stunde nach rückwärts verschoben werden. So würde alles glatt vonstattengehen. Außerdem versprach der Bürgermeister dem Pfarrer, wie bisher einen Beitrag zu den Kosten des Wallfahrtstages zu leisten. Kurz darauf musste Schöch jedoch dem Pfarrer mitteilen, dass die Landesparteileitung ein Veto gegen ihre Abmachungen eingelegt hatte. Schöch äußerte nun öffentlich Rücktrittsabsichten. ∗4
Bürgermeisterwechsel
Der von vielen erwartete Nachfolger Hans Dietrich glaubte inzwischen, demnächst auf eine Stelle in der Gauleitung berufen zu werden, und bemühte sich nicht weiter um das Rankweiler Bürgermeisteramt. Als Bewerber trat nun der Gießereibesitzer Ernst Franke auf und bot Jenny die Stelle des Gemeindesekretärs an, wenn dieser seine Ambitionen unterstütze. Bürgermeister Schöch und sein Berater Dietrich zeigten sich jedoch überzeugt, dass der Wahlleiter Hans Jenny der geeignete Kandidat für das Amt des Gemeindeoberhauptes sei. Jenny wurde zu einem sehr intensiven Gespräch in die Wohnung von Bürgermeister Schöch geladen. Seine anfängliche Weigerung, die ihm zugedachte Aufgabe zu übernehmen, konnten die beiden erst mit dem Hinweis überwinden, dass widrigenfalls die Stelle im Altreich zur Bewerbung ausgeschrieben würde. So kam es zur Amtsübernahme von Hans Jenny am 2. Mai 1938. Schöch wurde kurz danach zum Gemeindetierarzt bestellt und ihm auch das Amt des Lebensmittelkontrollorgans übertragen. ∗5
Ortsgruppenleiter
In einer Ortsgruppenversammlung der NSDAP im festlich geschmückten und dicht besetzten Stickereilokal der Gebrüder Rauch (Anfang Dezember 1938) wurdeSchöch auf Vorschlag des Kreisleiters Dr. Hammerbacher zum Ortsgruppenleiter bestellt. Er löste damit (den treuen nationalsozialistischen Kämpfer) Hans Ludescher ab. Als Dr. Schöch Ende 1940 zum Militärdienst wechselte, wurde Kienberger sein Nachfolger als Ortsgruppenleiter.
Die Funktion des NSDAP-Ortsgruppenleiters ist in der NS-Struktur eine höher gestellte Funktion als jene des Bürgermeisters, dem er auch Befehle geben konnte.
Nach Kriegsende wurde Dr. Franz Schöch von der französischen Besatzung im Anhaltelager Brederis festgehalten. ∗6
1 Repräsentiert durch Anton Plankensteiner
2 Vorarlberger Tagblatt 7. 7. 1938; In der Zeit des Ständestaats (vor 1938) war Schöch im deutschnational ausgerichteten Landbund aktiv, welcher auch für den Anschluss an das Deutsche Reich eintrat.
3 Volksbote 17. 2. 1934
4 Dr. Schöch nahm danach für 2 Jahre die bedeutendere Funktion des Ortsgruppenleiters war.
5 Vorarlberger Tagblatt 7. 7. 1938
6 Gendarmeriebericht 3. 6. 1946