Erschütternd sind viele Einzelschicksale in den letzten Kriegstagen. Fanatische Nazis rechneten oft noch mit bekannten Gegnern des Nationalsozialismus ab, vor allem aber die SS wütete in vielen Gemeinden.
Ein besonders tragischer Fall spielte sich in der Gemeinde Klaus ab. Der 50-jährige ledige Landwirt Josef Morscher musste wie viele andere Gemeindebürger in den letzten Kriegstagen noch zum Volkssturm nach Götzis einrücken.
Als sich die dortige Einheit aber auflöste, ging Morscher wie alle anderen nach Hause, wo er in der Schlosserei seines Bruders die letzte noch im Lauf seines Gewehres sich befindende Kugel verschoss. Ein auf der Strasse am Haus vorbeimarschierender 20jähriger SS-Mann fühlte sich dadurch bedroht und veranlasste die Verhaftung der Morschers.
Eine geplante öffentliche Hinrichtung konnte vom Bruder, Otto Morscher, gerade noch verhindert werden. Beide aber wurden ohne weitere Begründung in den Gemeindearrest der Nachbargemeinde Weiler verfrachtet.
Als Sozialdemokraten waren die Brüder im Dorf immer in einer Außenseiterrolle gewesen und als Gegner des Nationalsozialismus bekannt. Ausser dem – nationalsozialistischen – Bürgermeister von Klaus setzte sich daher auch kaum ein anderes Gemeindemitglied für sie ein.
Die weiteren Vorgänge liegen im Dunkeln. Tatsache ist, dass die beiden ohne jede Verhandlung unterhalb der Ruine Montfort durch Genickschuss getötet worden sind. Die Leichen wiesen Merkmale schwerster Folterungen auf.
Otto Morscher, Vater von drei Söhnen, die alle eingerückt waren, hatte nicht einmal ein Vergehen begangen. Seine Ermordung stellte für die Gattin, die in den folgenden Monaten kaum in der Lage war, die Schlosserei weiterzubetreiben und im Ort auch kaum Unterstützung erhielt, eine besondere Tragik dar.
Aus Von Herren und Menschen. Verfolgung und Widerstand in Vorarlberg 1933-1945